Montag, 27. Mai 2013

I have a dream...




Silvers Circus.
Mittlerweile ist es knapp 3 Monate her, dass ich die Clownsnase an den Nagel gehängt habe.
Eine lange Zeit, dennoch ist der Zirkus noch immer präsent in meinem Leben.
Speziell die ersten Wochen nach meinem Abschied war ich nahezu tagtäglich in Gedanken bei meiner Zirkusfamilie dort. Was machen sie wohl gerade? Vermissen sie mich, so wie ich es tue? Wie geht es meinem Wohnwagen? Wie läuft die Clownperformance ohne mich?

Einige Male habe ich sogar schon vom Zirkus geträumt. I had a dream.
Mir ist mittlerweile mehr als klar: Es war nicht nur ein Arbeitsplatz dort, es war mein Zuhause – meine Familie! Bis zum heutigen Tag spielt der Zirkus noch immer eine große Rolle in meinem Leben und so halte ich mich natürlich IMMER auf dem Laufenden und habe stets Kontakt mit meinen Freunden dort!
Ich muss zugeben, ein paar Mal habe ich bei ihren Nachrichten sogar bereits feuchte Augen bekommen… Du willst dich überzeugen?

Seiltänzerin Emma hat mir im Vertrauen geschrieben:
„Hey Andy. Wie geht es dir? Wo befindest du dich gerade?
Die Clowns sind jetzt nicht mehr so unterhaltsam wie mit dir! Aber verrate es niemandem :)
Wir vermissen dich, Andy! Du warst ein großartiger Clown! Emma“

Franck, französischer Arbeiter im Zirkus:
„Manchmal denken wir abends an dich. Wir erinnern uns an unsere gemeinsamen Partys und wir vermissen es, wir vermissen dich!
Anand macht ja  jetzt die Clownperformance, aber er ist nicht so witzig wie du.
Ganz am Anfang, als ich ihn zum ersten Mal verkleidet gesehen habe, dachte ich für einen Moment es wärst du…
Ich hoffe dir geht es gut!  Ich erwarte deine Antwort! Franck“

Cassandra, Artistin und Nichte des Zirkusdirektors:
„Wir vermissen dein grinsendes Gesicht und deine positive Energie hier!
Ich hoffe du hast eine schöne Zeit! Cassie“


Ja, die Zeit im Zirkus war absolut außergewöhnlich! Und eine wunderschöne Arbeit als Clown die Menschen zum Lachen zu bringen :)
Nun ist das Stichwort gefallen: Arbeit. Die meisten Backpacker in Australien verdienen ihr Geld nicht im Zirkus, sondern als Erntehelfer – das so genannte FRUITPICKING!
Überall im Lande sind Reisende in diesem Business aktiv – es ist statistisch gesehen der meistausgeübte Job für Backpacker!
Ich persönlich habe eine Lebensphilosophie: Ich will ALLES ausprobieren.
Ja, und so möchte ich so viele Erfahrungen wie möglich aus Australien mitnehmen.
Für mich war es somit direkt klar: ICH WILL FRUITPICKING TESTEN!

Der „Club der Denker“ setzte sich zusammen: Céline, Alina und ich berieten uns.
Wir kalkulierten und spekulierten. Wir grübelten, studierten Statistiken, hinterfragten nebenbei das Weltbild und stellten Theorien auf. Pläne wurden geschmiedet und wieder verworfen. Schlaflose Nächte, rauchende Köpfe. Unzählige Szenarien wurden durchgespielt. Dann befragten wir das allwissende Internet. Und dann folgte eine letzte Veranstaltung:
„Der Club der Denker - Die Abschlusstagung“
Nun darf ich die Lösung des Problems präsentieren. Es handelt sich um ein simples Wort:

Workinghostel

Diese so genannten Workinghostels gibt es überall in Australien und sie stehen jeweils in engem Kontakt mit den Farmern der Region. Ist man in ein solches Hostel einquartiert, wird man auf die Warteliste gesetzt. Sobald ein Arbeitsplatz frei wird, wird einem dieser Job vermittelt! Da zahlreiche Farmen ihre Arbeiter ausschließlich aus solchen Hostels beziehen, ist dies die erfolgreichste Variante der Jobsuche.

Aus diesem Grund sind Workinghostels extrem gefragt unter Backpackern.
Wir mussten sämtliche Hostels in der Region abklappern um einen Platz zu finden.
Wir klopften an Türen und telefonierten was das Zeug hielt. Es war erfolglos.
Die Hostels waren ausgebucht, komplett ausgebucht!
Die Lage schien nahezu aussichtslos - doch unser Glück lies uns nicht im Stich:
Im Hostel des kleinen Provinzörtchens Childers konnten wir die letzten freien Betten ergattern :) Und da waren wir nun also – der erste Schritt war gemacht: Ein Workinghostel war gefunden!

Direkt kamen wir mit den anderen Backpackern dort ins Gespräch und konnten uns über die Jobs informieren! Viele der Reisenden hier wurden bereits zu den umliegenden Farmern vermittelt.
Ja, sie waren bereits fleißig am arbeiten!
Mit gespitzten Ohren lauschten wir ihren Berichten. Was es hier in der Region zu tun gibt?
Schon allein wenige Stichworte verführen einen in fruchtig frische Träume:
Mangos, Mandarinen, Melonen, Bananen, Ananas und andere tropische Früchte, sowie Bohnen und Süßkartoffeln zählen zum Einsatzgebiet!

Tagtäglich wird gepflanzt, gepflückt und aussortiert. Aussortiert?
Na klar! Du weißt schon: Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen! :)
Ist dies getan werden die Guten dann fein säuberlich in Kisten verpackt und schließlich ausgeliefert – soweit konnten sie uns mit ihrem Wissen informieren!
Aber: ANDY WILL´S WISSEN! Sofort brannte mir eine Frage unter den Nägeln:
Landet eine der Bananenkisten im schönen Oberschwaben?
Das konnte mir leider niemand beantworten :)

So. Nun hast du die ersten Infos. Wie stellst du dir die Arbeit hier vor?
Zuckersüß? Entspannt? Lass mich raten: Du verlierst dich gerade in Gedanken und träumst davon in einer Fruchtplantage zu stehen, richtig? Ein wenig Naschen, dann ein wenig Pflücken. Nebenher die Sonne genießen und sich freuen, dass die Taler nur so in die Tasche fallen. Ja, das hört sich traumhaft an…

SCHNITT – Falsches Drehbuch!
Hier soll die WAHRE Geschichte beschrieben werden!
Noch mal von vorne, neuer Versuch:
KLAPPE, DIE ZWEITE!




Nun gut, ich will es dir nicht vorenthalten. Die Realität sieht komplett anders aus. Ja, ich habe es am eigenen Leib erfahren, was es heißt für sein Geld zu arbeiten.
Halte dich fest, ich werde dir berichten. Alles begann an unserem ersten Arbeitstag…

Süßkartoffelfarm!
Das war die Info, die wir in einen Tag vor unserem ersten Arbeitseinsatz bekamen. Aha!
Nach dem Frühstück machten wir uns dann bereit – ausgestattet mit unseren Arbeitsklamotten reihten wir uns vor dem Hostel zwischen die anderen Arbeiter ein.
Da wir auf Knien arbeiten werden, hatten wir uns bereits vorbereitet und Knieschoner besorgt. Allerdings in keinem Laden – nein. Wir waren kreativ. Denn: Mit einer Meeeeeenge Fantasie, einer Schere und alten Socken kann man sich wunderbare Knieschoner basteln.
Ich setzte dann meine schicke, neongelbe Sonnenmütze auf, dann war es soweit:
Céline, Alina und ich waren bereit – die Farmarbeit konnte kommen!

Dann kam ein Kleintransporter und wir wurden zum Einsatzgebiet verfrachtet. Dort trafen wir auf weitere Erntehelfer, die bereits beschäftigungslos in brütender Hitze warteten.
Leider konnten auch wir nicht direkt mit unserer Arbeit beginnen, denn die Farmer waren noch nicht eingetroffen!
Das Problem: Man konnte der Sonne nicht entkommen, es gab keinen Schatten.
Die routinierten Arbeiter meinten dann, dass wir uns gleich an Verspätungen seitens der Farmer gewöhnen könnten. Es sei sozusagen eine ungeschriebene Regel!
Nun gut, ich versuchte mich mit der Situation zu arrangieren. Dennoch:
Die pralle Sonne strahlte auf unsere Häupter und heizte ordentlich ein. Die Uhren tickten, die Zeit verging.  Ich verlor mich in meinen Gedanken, doch dann war da plötzlich Licht am Ende des Tunnels: Ein Fahrzeug – das musste er sein: Unser Farmer.
Trotz der Verspätung und der langen Wartezeit war meine Laune in luftigen Höhen.
Ich war höchst gespannt. Was sollte uns erwarten? Für wen werden wir arbeiten?
Ist es ein waschechter Australier? Oder ein gemütlicher Farmer? Ist er ein Countryboy?
Mit Strohhut? Und klassischem Bierbauch?

Ich konnte es kaum erwarten. Die Fahrertür wurde geöffnet und er setzte seinen Fuß auf die rote Erde. Da war er nun also, unser Farmer. Sein Name? Tim Tam!
Ich erblickte ihn und mir wurden zwei Dinge direkt deutlich:
1.      Mit ihm ist nicht gut Kirschen essen.
2.      Und noch schlimmer: Mit ihm ist nicht gut Süßkartoffeln pflanzen.

Und als seien diese beiden ernüchternden Feststellungen nicht bereits genug, hatte ich im Anschluss daran noch eine Erkenntnis:
Freundlichkeit ist nicht seine Königsdisziplin!
Er hielt es nicht für nötig uns, SEINE wartenden Arbeiter, zu begrüßen, geschweige denn, sich für seine Verspätung zu entschuldigen.
Aha. Na das kann ja heiter werden – sagte meine innere Stimme :)
Und ich lag richtig: Es WURDE heiter – und zwar keine 2 Minuten später!

Warum? Er zeigte auf einen asiatischen Arbeiter – „HE, DU!“
Über den genauen Wortlaut, der dann folgte, möchte ich den Mantel des Schweigens hüllen.
Um euch jedoch nicht völlig im Dunkeln zu lassen habe ich mir ein paar anschauliche Phrasen überlegt, um euch die Situation etwas näher zu beschreiben!
-Tim Tam hat mit ihm ein ernstes Wörtchen geredet.
-Tim Tam hat ihm die Leviten gelesen.
-Tim Tam hat mit ihm ein Hühnchen gerupft.
-Tim Tam hat ihm eine Standpredigt gehalten.
Und dass es nun auch der Letzte von euch versteht: Tim Tam hat ihn geschimpft.

Warum? Er würde nicht schnell genug arbeiten,
er wäre zu faul.
Doch nicht nur das: Er hat ihn mit seiner Wutrede auf wirklich ÄGGELHAFTE Weise
(äggelhaft – schwäbisches Wort für ekelhaft)
vor der gesamten Arbeiterschaft bloßgestellt.

Aha. Na das ist mal eine schöne Arbeitsatmosphäre hier, da fühlt man sich direkt willkommen :)
Ich möchte dich erinnern: Ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch keine Minute gearbeitet!
Die Heiterkeit meinerseits war bereits auf ein Minimum gesunken.
Dann wurde uns Neulingen die Arbeit erklärt: Süßkartoffelreben einpflanzen!
Sprich: Auf Knien sollten wir den Acker entlang rutschen, Süßkartoffelreben in die Erde drücken und schließlich mit einer Handvoll Erde bedecken.

Um uns Arbeiter trotz der schlechten Stimmung zu Höchstleistungen zu optimieren wurde ein cleveres Bezahlsystem eingeführt:
Es gibt keinen Stundenlohn, sondern man wird pro bepflanztem Meter vergütet!
Das Resultat: Wer am schnellsten ist verdient am meisten!

Nach einer kurzen Einarbeitungsphase wurde direkt losgepflanzt. Zunächst in höchstem Niveau: Jede Pflanze wurde von mir fein säuberlich eingepflanzt.
Dann allerdings versucht man sein Tempo zu steigern – immer schneller und immer flotter werden die Pflanzen in den Dreck gedrückt.
Denn: Jeder Arbeiter versucht so viele Meter wie möglich zu bepflanzen! Jeder will der Schnellste sein, es ist ein inoffizieller Wettkampf.
Jeder schielt in die Nachbarreihen, um seine eigene Leistung mit den anderen zu vergleichen.

Sieht man die anderen plötzlich nur noch von hinten, dann ist man zu langsam. Sofort wird das Tempo beschleunigt um zu den anderen aufzuschließen, klar!
Ist man mit einem anderen Arbeiter auf gleicher Höhe und setzt gerade zum Überholen an, dann kann man schon mal einen lockeren Spruch in die Nachbarreihe flüstern:
„Merk dir mein Gesicht – du wirst mich ab jetzt nur noch von hinten sehen“ :)
Ja, das ist witzig :)
Ach ja: Man muss kein Wahrsager sein um zu prophezeien:
Je schneller die Arbeitsgeschwindigkeit, desto schlampiger die Arbeit! Logisch!

Schlampig zu arbeiten ist relativ einfach – und natürlich gibt es einen Haken an der Sache:
Man muss vorsichtig sein und sich vor den Supervisorn in Acht nehmen! Man muss sie stets im Auge behalten und jeden ihrer Schritte verfolgen!
SUPERVISOR!
Supervisor? Aufregendes Wort – Supervisor! Was ist das? Ritter aus einer weit entfernten Galaxie? Eine Kriegergattung aus dem nächsten Jahrhundert?
Nein. Diese Personen sind leider nicht so aufregend wie ihr Name vermuten lässt.
Sie beaufsichtigen lediglich die getane Arbeit und pendeln zwischen den verschiedenen Reihen hin und her. Stets wachsam patrouillieren sie und versuchen mit ihren Adleraugen die Fehler der Arbeiter zu entlarven. Und genau das birgt die große Gefahr!
DENN: Sollte ihnen tatsächlich etwas auffallen, dann verliert man jede Menge Zeit und somit natürlich auch Geld. Warum?
Man darf die GESAMTE Reihe erneut abklappern und unter den Augen des Supervisors sämtliche Fehler bereinigen!

Ich lade dich nun auf eine kleine Gedankenreise ein. Lehn dich zurück und stell dir vor:

Du kniest im Dreck und lehnst dich nach vorne um mit den Fingerspitzen die Süßkartoffelreben in die Erde zu drücken. Du rackerst dich ab. Plötzlich wirst du aus deinen Gedanken gerissen, du siehst ein paar Stiefel vor dir: Der Supervisor beobachtet dich.
Du hoffst und flehst, dass er ohne eine Bemerkung weitergehen wird. Dein Herz klopft. Du blickst nach oben und der Supervisor steht dominantem Blick vor dir und zeigt dir explizit jede kleine Unstimmigkeit in deiner Reihe auf.
Du gerätst in Eile und versuchst so schnell wie möglich deine Fehler auszuwetzen um so wenig Zeit wie möglich zu verlieren – du betreibst Schadensbegrenzung.
Doch mit Häme in der Stimme weißt dich der Aufseher auf eine weitere Fehlleistung hin. Ich frage dich hiermit:
Gibt es etwas, das einen mehr erniedrigt?

Solltest du jemals mit deinem Job unzufrieden sein, dann besinne dich. Denk an meine Worte. Und vor allem:
Schätze dich glücklich, dass DU keine Süßkartoffeln pflanzen musst.
Glaub mir, dein Job ist nicht einmal halb so schlimm wie du es vermutest :)

So, und nun weiter im Kontext:
Hat man nun die Ehre einen zweiten Kontrolldurchgang durch seine Reihe zu vollziehen, dann ist der Arbeitstag gegessen. Warum?
Man wird von ALLEN Arbeitern überholt und meist sind sie in weiter Ferne.
Die Arbeitsmotivation sinkt auf … mhhhh … sagen wir … ähm … etwa ungefähr NULL!
Glaub mir, das ist der absolute SUPER-GAU!
(Größter Anzunehmender Unfall)!
Jeden Tag wird gehofft, dass dieser Kelch an einem vorbeizieht…

Ja, die Supervisor sind natürlich gefürchtet und sie verbreiten Angst und Schrecken!
Doch man darf sich nicht aufhalten lassen. Pflanze um Pflanze, Rebe um Rebe geht es unaufhörlich den Acker entlang.
Stumpfsinnig krabbelt man im heißen Dreck voran, die Knie schmerzen, die Sonne brennt. Mit der Zeit schmerzt auch der Rücken, man ist stets gebückt.
Das Nagelbett an den Fingern ist oft von den harten Erdklumpen eingerissen.
Der Schweiß tropft auf die Erde, dennoch wird während der Arbeitszeit kaum getrunken – das kostet zu viel Zeit.
Man verliert sich in Gedanken, um die Zeit so erträglich wie möglich zu machen und nebenbei ist man stets bemüht: Man versucht bei der Arbeit den schmalen Pfad zwischen „zu ordentlich“ und „zu schlampig“ zu finden.
Ja, man will die Anforderungen der Supervisor erfüllen um sie nicht zu verärgern, oder gar ihren Zorn auf sich zu ziehen.
Ach ja, gut und gerne haben wir dann auch schon mal 500 Meter am Stück bepflanzt – auf Knien und permanent nach vorne gebeugt!
Glaub mir eines: DAS ist harte Arbeit.
Und ja, eigentlich war ich der festen Überzeugung dass Sklavenarbeit vorbei wäre.
Doch ich muss zugeben, dass ich mich ab und an schon fast als Sklave fühlte.

Ein Grund war: Die Supervisor hatten keinerlei Interesse an ihren Arbeitern. Persönlicher Bezug war absolut nicht vorhanden und so wurde der Großteil der Arbeiter einfach nur mit „HEY DU“ angesprochen.
Ich persönlich konnte mich darüber sehr amüsieren :) Hört man den vorwurfsvollen Ruf „HEY DU“ über das Feld hallen, dann schießt der Puls von 30 Arbeitern in sekundenschnelle in die Höhe. Warum? ALLE fühlen sich angesprochen.

Sklavenarbeit hin oder her, manchmal muss man sich selbst auf den Boden der Tatsachen zurückholen und schließlich immer das Positive sehen. Und so war ich nicht verzagt sondern freute mich, denn:
Wir wurden nicht in Ketten gelegt :)
Dennoch habe ich für das Verhalten der Supervisor eine Vermutung. Dazu ein kleiner geschichtlicher Ausflug um die Allgemeinbildung etwas aufzufrischen:
Früher haben die Engländer den australischen Kontinent als Gefängnisinsel benutzt.
Alle Verbrecher wurden hier her verbannt.
Diese Tatsache muss man sich mal in das Bewusstsein rufen -  das war nämlich GEMEIN! :)
Ich habe die Sachlage überdacht und für meinen Teil habe ich dann direkt die Vermutung aufgestellt, dass die Nachkommen der damaligen Schlawiner uns Europäern das jetzt heimzahlen! :)

Nein, ernsthaft: Man fragt sich doch, wie es möglich ist, dass hier derartige Arbeitsumstände herrschen können?
Es ist relativ einfach: Übergroße Arbeitslosigkeit!
Wie mir mit der Zeit deutlich wurde gibt es hier unglaublich viele Backpacker, die einen Job als Farmarbeiter suchen – und das wissen die Farmer natürlich! Ist nun ein Arbeiter mit seiner Lage nicht zufrieden und gibt das sogar in verbalisierter Form dem Farmer zu erkennen – kein Problem! Er wird entlassen und es stehen buchstäblich 10 weitere Backpacker in den Startlöchern, die liebend gerne den Job übernehmen.
Der einzelne Arbeiter verliert sozusagen seine Macht und die Farmer nutzen diese Situation wie beschrieben eiskalt aus.
Auch die Hostelmanager besitzen in etwa die gleiche Macht, denn die Betten dort sind wie bereits beschrieben auch unglaublich gefragt.
Unglaublich gefragt? Das ist eigentlich noch untertrieben.
Man kann sagen, sie sind PERMANENT ausgebucht und das, obwohl sie teilweise in katastrophalen Zuständen sind: Die Besucher unseres Hostels mussten sich sogar mit „BED BUGS“ arrangieren.
Bed Bugs? Das deutsche Wort dafür sind Bettwanzen!
Sicherlich auch du hast schon einmal von Bettwanzen gehört – dennoch hoffe ich, dass du bislang noch nicht die Ehre hattest, mit ihnen Bekanntschaft zu machen.
Das gesamte Hostel war von ihnen befallen! Sämtliche Matratzen dienten als Herberge für diese kleinen Wanzen und Nacht für Nacht wurden die Besucher Opfer ihrer Angriffe!
Ohne Gnade krabbeln sie an deinem Körper entlang und ernähren sich von deinem Blut. Ihre Bisse lösen einen unangenehmen Juckreiz aus und wie ich bereits gehört und gesehen hatte können sogar Narben zurückbleiben. Glaubt mir: Es ist eine unglaubliche Zumutung.
Doch die Hostelleitung bestellt keinen Kammerjäger, sondern nimmt das Ganze relativ gelassen zur Kenntnis. Warum?
Klar, KEINER von ihnen muss die Nacht in einem Bettwanzen-Bett verbringen. Und so werden Beschwerden bei der Hostelleitung einfach strikt abgewiesen – jeder der sich beschwert „hätte die Bettwanzen selbst mitgebracht“.

So. Ich muss zugeben, dass dieser Bericht bislang vermutlich sehr schockierend für dich ist. Sklavenarbeit, Bettwanzen. Was kommt als nächstes?
Keine Angst, ich möchte dich nur beruhigen: Wir hatten stets die Möglichkeit das Hostel und auch die Arbeit sofort zu verlassen und mit unserem Campervan Juri weiterzureisen! Wir waren absolut nicht auf diese Arbeit angewiesen sondern haben komplett aus freiem Willen gehandelt :)
Und so konnten wir stets relativ entspannt auf die gesamte Situation blicken, und das ganze Kapitel einfach als „interessante Erfahrung“ durchleben.
So war das Ganze erträglich und so konnten wir sogar Witze über unsere „Sklavenarbeit“ machen :)

Witze? Ja, der nächste Abschnitt wird dir Einblick in eine haarige Angelegenheit geben.
Du weißt: Ich bin am anderen Ende der Welt. Ich hatte in den letzten Monaten so viele verrückte Menschen getroffen, so viel Wahnsinniges gesehen und erlebt.
Ich und meine Kopfbehaarung wollten uns nun auf ein neues Abenteuer einlassen!
Ja, ich hatte mich entschieden: Frisurentechnisch wollte ich den Durchbruch zum Wahnsinn schaffen. Alina stellte sich als Haarstylistin zur Verfügung – sie durfte ihrer Kreativität freien Lauf lassen!

Alina vergnügte sich mit dem Rasierer und Schritt für Schritt veränderte sich mein Äußeres.
Von meiner zunächst vollen Haarpracht war relativ schnell kaum noch was zu sehen:
Haarstylistin Alina vewandelte mich in einen wilden Irokesen (links)




Dann ging meine Frisur nahtlos in eine andächtige Mönchstonsur über (rechts)


Alinas Arbeitseinsatz endete dann schließlich mit millimeterkurzen Haaren meinerseits und unendlicher Belustigung andererseits!
Warum?
Sämtliche Hostelbewohner wurden von der Aktion angelockt und verfolgten das Spektakel als Zuschauer :)



So. Mit geschorenen Haaren passe ich nun ironischerweise auch äußerlich optimal in meine Rolle als Sklavenarbeiter :)
Doch ich kann es absolut mit Humor nehmen – ich kann über mich selbst lachen :)






Ja, mit meiner neuen Frisur und der Erfahrung unter diesen hart Umständen zu Arbeiten hat mich inspiriert. Ich habe eine Rede geschrieben, über unsere Sklavenarbeit“.
Die legendäre Rede des
ANDREAS LUTHER KING!
Ich nenne sie:                                     I HAVE A DREAM!

Einen Auszug aus der Rede gefällig?

“I have a dream.
I have a dream that my four little children will one day make the same experiences.
It will improve their character and they will appreciate the money they get.
I have a dream today!


Zu Deutsch:
“Ich habe einen Traum.
Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages die gleichen Erfahrungen machen können.
Es wird ihren Charakter verbessern und sie werden das Geld schätzen, das sie verdienen.
Ich habe heute einen Traum.


Ja, auch meine Kinder sollen eines Tages diese Erfahrungen machen! Sie sind UNBEZAHLBAR!
Ich muss zugeben, zunächst sind es keine angenehmen Erfahrungen, aber mit etwas Abstand lernt man sie zu schätzen.
Ich vermute, dass ich in Deutschland vermutlich nicht die Chance gehabt hätte, so etwas zu durchleben. Und so bin ich der festen Überzeugung:

Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt.



Die weite Welt?
Im Hostel kamen wir mit der weiten Welt in direkten Kontakt.
Viele Personen und Nationalitäten waren mit uns dort versammelt.
Ja, wir haben viele neue Freundschaften rund um den Erdball geknüpft – auch das ist unbezahlbar!

Unser Freund Karif (Foto: vorne rechts) beispielsweise hat uns direkt eingeladen, ihn in Hongkong zu besuchen.
Ein Trip nach China?
Wer weiß was die Zukunft bringt…

Das einzige was ich am heutigen Tage sagen kann:
Mich hat das Reisefieber gepackt!

Und dieses Reisefieber treibt nun Céline, Alina und mich zu neuen Ufern.
Das Fruitpicking wurde beendet. Wir blicken nach vorne!
DIE NEUEN ABENTEUER KÖNNEN KOMMEN!

Herzlichst,
dein Andreas.