Donnerstag, 29. August 2013

Ein guter Schluss ziert alles



 „Zu jeder guten Reise gehört eine Heimkehr“

Und so komme ich wohl nicht umhin, diesen letzten Bericht zu schreiben :)



Es war also soweit: Ich machte mich früh morgens auf den Weg zum Flughafen.

Froh, munter und voller Vorfreude auf die Heimkehr – ja, in wenigen Stunden sollte ich schon im Flieger sitzen, dann eine kurze Zwischenlandung in China und dann ruft die Heimat.

Denkste. Ein erster Blick auf den Timetable und die Situation wurde RADIKAL verändert:

Flug Melbourne – Peking: 5 Stunden Verspätung!

„Ah, ich Sie haben einen Anschlussflug von Peking nach München? Den werden Sie leider aufgrund der Verspätung verpassen. Setzen Sie sich einfach mit dem Flughafenpersonal in Peking in Verbindung, die werden das schon irgendwie regeln.“



Mein Australienaufenthalt wurde unfreiwillig um 5 Stunden verlängert – ich war nicht begeistert. Denn es waren keine 5 Stunden an der australischen Küste mit SOMMER, SONNE, SONNENSCHEIN.

Nein. Es waren 5 Stunden Einsamkeit auf einem verlorenen Sitzplatz im kühlen Flughafengebäude.

Ich vertrieb mir die Zeit mit Gedankenspielen. Wie wird wohl meine Ankunft? Wird meine Zahnbürste noch an seinem Platz stehen? Ist die Spülmaschine zuhause ausgeräumt?



5 Stunden können eine gefühlte Ewigkeit sein. Vor allem wenn man bedenkt, dass meine Heimreise im eigentlichen Sinne noch gar nicht begonnen hatte.

Erschwerend kam noch hinzu: Ich saß wie auf Kohlen.

Wird alles klappen in Peking? Wann geht der nächste Flieger? Ist ein Platz frei?

Wie viele Stunden muss ich warten? Was passiert mit meinem Gepäck?



Fragen über Fragen, die mich knappe 15 Stunden plagten. Doch dann landete mein Flugzeug endlich in Peking. Ich war müde und geschafft, doch an Schlaf war nicht zu denken:

Ich musste den Weiterflug in die Wege leiten, alles musste arrangiert werden.

Doch es gab ein großes Hindernis, das ich nicht bedacht hatte:

Chinesen sprechen kein Englisch.

Selbst am INTERNATIONALEN Flughafen von Peking spucken die Mitarbeiter am Informationstresen nur bruchstückhafte englische Phrasen aus und so wurde meine Geduld in dieser angespannten Lage auf eine Zerreißprobe gestellt.

Ich war verzweifelt. Ich setzte mich mitten im Flughafen auf den Boden und musste mich zwingen, ruhig zu bleiben. Bislang war nicht klar wie ich nach Deutschland kommen sollte, dennoch wollte ich meine Lage objektiv und logisch bedenken.

Die Strapazen waren mir wirklich anzumerken und ich hatte zu kämpfen, mich nicht von der großen Müdigkeit überwältigen zu lassen.



Glücklicherweise lernte ich James aus Chile kennen. Zufälligerweise war auch er auf dem Weg von Melbourne nach München und so hatten wir demnach das gleiche Schicksal.

Zusammen begaben wir uns in die Schlacht geben die chinesische Sprachbarriere und für die Gerechtigkeit!

JA, WIR WOLLTEN NACH MÜNCHEN!

Wir haben uns wacker geschlagen! Denn nach weiteren Stunden der Ungewissheit und unzähligen Diskussionen mit mehreren Angestellten, konnten wir etwas deichseln:

Es blieben weitere 15 Stunden Wartezeit in China, doch dann sollten wir endlich in das Flugzeug nach München steigen. :)

Um uns für die Strapazen zu entschädigen, stellte uns die Fluggesellschaft ein Hotelzimmer zur Verfügung. So ging es also mit dem Bus durch Peking zu unserer Unterkunft und wir schnupperten noch ein wenig chinesische Kultur.



Ich plauderte mit James und nachdem wir uns im Hotelzimmer ein wenig ausgeruht hatten, knurrten unsere Mägen :)

Die Fluggesellschaft spendierte uns ein Abendessen und so naschten wir am chinesischen Buffet :) Was es gab? REIS!



Dann wollte ich Peking noch ein wenig genauer unter die Lupe nehmen und so stapften wir danach durch ein Suburb von Peking. Wir bahnten unseren Weg vorbei an chinesischen „Tante-Emma-Läden“, oder eben der entsprechenden chinesichen Variante, nennen wir sie einfach mal

„Tante-Yon Van Ying-Läden“.

Bemerkenswert: Der Himmel über Peking ist von einem unglaublichen Smog bedeckt, alles ist in GRAU gehüllt und bis zum Horizont ist kein Stück blauer Himmel zu sehen.









Doch ich ließ mich nicht lange daran aufhalten, denn plötzlich lag mitten auf der Straße:

REIS!

Ja, du weißt schon: Reiskörner! :) Meine Vermutung:

Ein Sack Reis ist umgefallen. Sei ehrlich, wie oft hast du dir schon einen umfallenden Reissack vorgestellt, wenn du an China gedacht hast?

Ja, James und ich blickten uns an und dachten vermutlich das gleiche:

WELCOME TO CHINA! Das ist das richtige China!

Erheitert von unserer Entdeckung ging es zurück zum Hotel und dann machten wir uns nach weiterer Wartezeit wieder auf den Weg zum Flughafen.



Ich mach es kurz: Wir konnten unser Glück kaum fassen, aber das Flugzeug konnte wirklich planmäßig starten und das Beste an der Sache: James und ich waren mit dabei :)



Sofort fiel eine unglaubliche Last von mir ab, denn nun konnte nichts mehr schief gehen:

Planmäßig sollte ich nämlich beim Verlassen des Flugzeuges in München sein. Zur Feier des Tages zischte ich dann eine kleine Dose chinesischen Biers und fiel sofort in einen rapunzelartigen Schlaf. :)

Sämtliche Mahlzeiten wurden verpasst und knappe 3 Stunden vor der Ankunft kam ich plötzlich zu mir. „Oh, schon so spät?“ :)

Ich startete meine mentale Vorbereitung und dann betrat ich Münchner Boden.

Deutschen Boden. Heimatlichen Boden.



Es war geschafft! Meine Odyssee war vorbei. Reisezeit?

54 Stunden!

Wäre ich noch ein paar Stunden länger unterwegs gewesen, hätte ich gesungen:

 „54, 74, 90, 2010“ ! Du erinnerst dich? Der Klassiker von den Sportfreunden Stiller! :)

Nein, ehrlich! Es war verrückt. Ich war mehr als 2 volle Tage irgendwo zwischen Raum und Zeit unterwegs und bin nebenbei durch 7 verschiedene Zeitzonen gereist.



Ich schnappte mir mein Gepäck und dann war es soweit: Ich durchschritt das Tor zur Außenwelt! :)

Aufgrund meiner 24-stündigen Verspätung hatte sich die Konstellation meines Empfangskomitees etwas verändert und so warteten mein 3-wöchiger Reisebegleiter Michi (Du erinnerst dich an meine ersten Berichte?) und meine Schwester Katharina auf mich :)

Ich erblickte Katharina und sofort fing sie wild an zu hüpfen – JA, sie freute sich sichtlich :)



Sofort schloss ich sie in die Arme und ein Hauch von Heimat machte sich in mir breit.

Ich war zurück. Es war so schön, vertraute Menschen um sich zu haben – ein unbeschreibliches Gefühl! Doch das sollte nur der Anfang sein…







Kurzerhand machten wir uns auf den Weg zur nächsten Bäckerei – ich konnte es kaum erwarten meine Zähne in diesem Gebäckstück zu versenken.

EINE BREZEL

Seit über 10 Monaten wartete ich auf diesen Moment und nun war er da.

Ja, Brezeln sind in Australien leider nicht zu finden und so hegte ich eine große Sehnsucht.



Dann machten wir uns gegen 7 Uhr morgens auf den Weg gen Heimat. Augrund meiner verspäteten Ankunft konnte ich meinen Dad Guste und meine Schwester Margit erst mittags in die Arme schließen, da sie an diesem Tage arbeiten mussten.

Doch: Vorfreude ist die schönste Freude!

Als es dann soweit war, war meiner Begeisterung keine Grenzen mehr gesetzt. Worte für diese Gefühle zu finden ist schwer. Sagen wir einfach: Ich war euphorisch.

Denn innerlich spürte ich, dass ich nun wieder komplett war, vollkommen.

Diese Menschen hatten mir unsäglich gefehlt.



Als ich dann genüsslich mit meinen engsten Vertrauten einen Kaffee schlürfte, vertrauten sie mir ein Geheimnis an: Es war eine große Begrüßungsparty geplant!


Viele Verwandte und Bekannte wurden an meiner geplanten Ankunft eingeladen, doch aufgrund meiner Verspätung hätte die Party nur ohne mich stattfinden können :)

Das wäre nicht der Sinn der Sache gewesen und so starteten sie kurzerhand einen Rundruf: Keine Party.

Als ich das hörte war ich ein wenig traurig, doch dieses Gefühl legte sich schnell:

Für mich zählt nur, dass sie sich tatsächlich die Arbeit für eine große Begrüßung gemacht haben. Es war ihnen wichtig, mir eine schöne Ankunft zu bereiten, und alleine diese Tatsache ist für mich mehr als nur ein Trost.



Dann war es soweit: Ich setzte mich hinters Steuer!

Die erste Fahrt auf deutschen Straßen! SEITENVERKEHRT!

Ich wollte die Handbremse lösen und hämmerte links gegen die Autotüre – OH! Hier wird die Handbremse ja mit Rechts gelöst! Nun gut, das kann ja mal passieren, halb so wild.

Ich legte gute Musik ein und bewegte mich aus dem heimischen Hofe auf öffentliche Straßen! JETZT GILT´S! Während der Fahrt ermahnte ich mich stets, auf der rechten und hier vor allem RICHTIGEN Straßenseite zu fahren.

Ich war erstaunt, es klappte besser als erwartet! Gemütlich tuckerte ich durch die Gegend, dann aber war es soweit – THE NEXT LEVEL – Eine große Herausforderung wartete auf mich:

DER KREISVERKEHR!

Kreiselt man links oder rechts rum? – PUH!

Mit ein wenig Bedenkzeit konnte ich glücklicherweise auch diese Hürde meistern und mittlerweile habe ich mich wieder gut eingelebt!



Nur ein Problem blieb: Die meisten entgegenkommenden Fahrzeuge wunderten sich vermutlich schon, warum ich an einer Kreuzung grundsätzlich den Scheibenwischer in Betrieb hatte.

Nun gut – EIGENTLICH lag es daran, dass ich nur den Blinker betätigen wollte.

Allerdings sind auch diese Hebel in australischen Autos links und rechts vertauscht und so hatte ich da noch länger mit Wischern in meinem Blickfeld zu kämpfen. :)



Aber mittlerweile habe ich mich wieder voll eingelebt und konnte in vollen Zügen meinen DRITTEN Sommer hintereinander genießen!

Du fragst dich wie das geht?

Zur Erklärung: Zunächst Sonnenschein im letzten Sommer 2012 in Deutschland, bevor der Herbst startete bin ich dann ans andere Ende der Welt in den Frühling!

Dann genoss ich zum Jahreswechsel den Hochsommer in Australien und nun war ich pünktlich zum deutschen Sommer 2013 wieder im Lande – SO LÄSST ES SICH LEBEN!



So. Doch nun ist es soweit: Ein guter Schluss ziert alles und so will ich euch teilhaben lassen:

Bei meiner Ankunft in Deutschland wartete in Laupheim eine ganz besondere Überraschung!

Ja, ehrlich.

TATSÄCHLICH hat in der Woche meiner Rückkehr ein Zirkus in Laupheim gastiert!

Der Erste seit Jahren!

Des Öfteren wurde ich von Bekannten angesprochen, ob ich denen nicht einen kurzen Gastauftritt anbieten will. Stellt euch vor:

AUSTRALISCHER IMPORT: CLOWN AUGUSTO IN LAUPHEIM!



Wäre natürlich ein Heidenspaß gewesen in der Heimat aufzutreten.

Aber abwarten, lass dir was erzählen:

Ich wollte den Zirkus unterstützen! Sofort kaufte ich mir ein Ticket und besuchte die Show – wollte schließlich dem Clown mal auf den Zahn fühlen und die Artisten genauer betrachten!



Sofort kam ich ins Gespräch mit den Veranstaltern und erzählte, dass ich bei Familie Gasser in Australien aktiv war. Und es war unglaublich:

Sie hatten bereits von der Zirkusdynastie Gasser gehört!

Sehr interessant und ein Gefühl von Stolz machte sich in mir breit! :)



Dann allerdings musste ich mich setzten: SHOWTIME!

Die Manege wurde geöffnet und der kleine Familienzirkus schickte seine Artisten auf die Bühne.

Ich unterstütze die Show so gut ich konnte und dann machte sich in mir ein freudiges Kribbeln breit:

DER CLOWN!

Am Vorhang vorbei machte er sich auf den Weg um die Zuschauer genauer unter die Lupe zu nehmen und wie es das Schicksal will…

DU!

Der Clown winkte sich mit seinem Finger in die Manege –

ICH KONNTE ES KAUM GLAUBEN!

War es Zufall? Schicksal? Oder Fügung? Ich weiß es nicht.



Doch kaum hatte ich die Manege betreten, war es ein zweites NACH HAUSE KOMMEN!

Ich integrierte mich in die Show, gab mein bestes, und wie ich es natürlich gewohnt war, verbeugte ich mich am Ende der Vorstellung höflich!

WAS FÜR EINE UNGLAUBLICHE STORY! Da komm ich in die Heimat ist nicht nur ein Zirkus zu Besuch – NEIN – Der Clown holt mich auch tatsächlich auf die Manege. Traumhaft.











Eine nette Geschichte. Ich denke, es könnte kaum einen würdigeren Abschluss meines Abenteuers geben.



Nun möchte ich nur noch eines sagen: DANKE.

Dafür, dass DU meine Berichte aufmerksam gelesen hast. Die Kraft, derartige Berichte zu schreiben kommt aus der Hörerschaft J Ja, jede einzelne Rückmeldung von euch hat mich wahnsinnig gefreut, bestärkt und motiviert.

Und dafür will ich abschließend Danke sagen.



Dein Andreas.

Baustetten, im August 2013